Sicherheitserziehung in den eigenen vier Wänden

In diesem Sicherheitsbereich geht es in erster Linie darum, wie du dein Kind vor Gefahren schützen und potenziell gefährdende Stellen in deiner Wohnung entschärfen kannst. Vieles davon ist vollkommen logisch, z. B. die Sicherung von Steckdosen und Fenstern, anderes wiederum wird manchmal erst klar, wenn man sich in der Perspektive des Kindes durch die Wohnung bewegt. Neben der aktiven Prävention spielt auch die Sicherheitserziehung eine große Rolle. Bereits von Anfang an kannst du deinem Kind ein gewisses Bewusstsein für mögliche Gefahren vermitteln. Auch wenn es noch nicht versteht, was du sagst, wird es instinktiv wahrnehmen, wenn sich deine Stimme verändert oder dein Blick bestimmt wird.

Gefahren kindgerecht erklären

Wie und in welchem Ausmaß du deinem Kind etwas erklären kannst, hängt natürlich maßgeblich von seinem Alter und seinem Entwicklungsstand ab. Während man mit Kindern im Volksschulalter zum Teil schon sehr gut über gewisse Gefahren sprechen kann, kann man von Kindergartenkindern nur ein sehr eingeschränktes Verständnis erwarten. Babys und Kleinkinder sind von einem Gefahrenbewusstsein ohnehin ausgenommen.

Maria Limbourg von der Universität GH Essen hat vor einigen Jahren im Zuge einer Tagung einen Artikel mit dem Titel „Entwicklungspsychologische Voraussetzungen für das sicherheitsorientierte Verhalten von Kindern“ veröffentlicht. Sie beschreibt darin drei Stufen des Gefahrenbewusstseins, die von Kindern beim Heranwachsen entwickelt werden. Die erste Stufe ist die reine Identifikation einer Gefahr, man nennt das auch akutes Gefahrenbewusstsein. Die zweite Stufe ermöglicht ein vorausschauendes Erkennen der Gefahr (antizipierendes Gefahrenbewusstsein). Und die dritte Stufe umfasst gewissermaßen Stufe eins und zwei sowie eine Kenntnis darüber, wie man Gefahren aktiv vermeiden kann (Präventionsbewusstsein).

Für deine persönliche Einschätzung ist es also ungemein hilfreich, wenn du zuordnen kannst, auf welcher Stufe sich dein Kind gerade befindet. Mit diesem Wissen kannst du die Sicherheitserziehung alters- und entwicklungsadäquat gestalten. Denn letztlich geht es darum, deinem Kind nicht unnötig Angst zu machen, es aber dennoch ausreichend vor Gefahren zu warnen, sodass es versteht „Diese Situation kann für mich richtig gefährlich werden“. Limbourg hat die unterschiedlichen Wahrnehmungsstufen der kindlichen Entwicklung wie folgt zugeordnet:

  1. Im Baby- und Kleinkindalter verfügen Kinder über kein Gefahrenbewusstsein.
  2. Im Kindergartenalter haben sie immer noch ein sehr eingeschränktes Verständnis für Gefahren. Du kannst deinem Kind jedoch bereits spielerisch gewisse Dinge erklären, z. B. dass die Herdplatte heiß ist, und auch ein minimales Bewusstsein für Gefahren beispielsweise im Straßenverkehr schaffen. In diesem Alter ist die Vorbildfunktion der Eltern besonders wichtig!
  3. Kinder im Alter von 5-8 Jahren haben ein akutes Gefahrenbewusstsein, wenngleich sie noch nicht verstehen, dass Gefahr nicht nur auf ein Objekt bezogen ist. Limbourg bringt das Beispiel mit einem Herd und dem Bügeleisen. Kinder verstehen, dass sie sich auf der heißen Herdplatte verbrennen können, übertragen dieses Bewusstsein jedoch nicht auf das Bügeleisen, das ebenfalls heiß ist.
  4. Zwischen 8 und 9 Jahren sind Kinder in der Lage, gewisse Gefahren schon vorausschauend zu beurteilen.
  5. Etwa ab dem 9. oder 10. Lebensjahr erreicht der Großteil aller Kinder dann die dritte Stufe und weist ein vorbeugendes Gefahrenbewusstsein auf.

Aufklären und Kompetenzen stärken

Wenn wir von Sicherheitserziehung sprechen, können wir Säuglinge, Krabbelkinder und Laufanfänger getrost ausnehmen. In diesem Alter ist es die Aufgabe der Eltern, alles für den Schutz des Kindes zu tun und entsprechende Vorkehrungen im Haushalt und bei täglichen Aktivitäten zu treffen. Sie wollen die Welt kennenlernen, die Erweiterung ihres Bewegungsradius genießen und neugierig alles entdecken, was es zu entdecken gibt. Für Gefahren haben sie überhaupt kein Bewusstsein. Sie verlassen sich vollkommen auf ihre Sinneseindrücke. Bunte oder leuchtende Gegenstände ziehen sie genauso magisch an wie Objekte, die sich bewegen oder färbige Flüssigkeiten. In dieser Zeit ist die wichtigste Maßnahme, deine Wohnung kindersicher auszustatten.

Folgende Maßnahmen sorgen für Sicherheit in den eigenen vier Wänden:

  • Bei allen Steckdosen einen Schutz anbringen.
  • Laden, Schränke, Türen, Küchenschränke und Kühlschrank mit einer entsprechenden Sperre versehen.
  • Fenstergriffe, Balkon- und Terrassentüren sichern.
  • Putzmittel, Reinigungsprodukte, Waschmittel, Spezialreiniger, Medikamente, Duftöle und Kosmetikprodukte immer unerreichbar oder in verschließbaren Schränken aufbewahren.
  • Ecken- und Kanten schützen.
  • Backofen, Herd und gegebenenfalls Kamin separat sichern.
  • Bei Stiegenaufgängen ein Treppengitter montieren.
  • Baumelnde und hängende Kabel oder Schnüre unbedingt entfernen.
  • Auf Kippsicherheit bei allen Einrichtungsgegenständen achten – Kippschutz anbringen, Möbelstück an der Wand befestigen.
  • Zimmerpflanzen überprüfen: Manche Sorten sind für Kinder giftig.

Für Babys

Auch wenn Prävention im Babyalter großgeschrieben wird, bedeutet es nicht, dass du deinem Kind nicht schon gewisse Dinge erklären kannst. Es wird natürlich noch nicht verstehen, dass die Herdplatte heiß ist oder dass man nicht mit Gegenständen in der Steckdose herumspielen darf. Dennoch lohnt es sich, wenn du deine Verbote wiederholt aussprichst. Dein Kind wird wahrnehmen, dass sich deine Stimme und deine Tonlage verändern oder deine Gesichtszüge strenger werden. Wenn dein Kind sieht, dass du nicht lächelst oder es wiederholt von der Gefahrenstelle wegsetzt, bemerkt es, dass Mama es ernst meint.

Für Kindergartenkinder

Im Kindergartenalter kannst du dem Nachwuchs schon mehr erklären und du kannst vor allen Dingen mit deinem Verhalten als Vorbild vorangehen. In dieser Entwicklungsphase beobachten Kinder ihre Bezugspersonen ganz genau. Sie schauen darauf, wie du mit potenziellen Gefahrenquellen umgehst oder wie du beispielsweise eine Straße überquerst. Einem Kindergartenkind kannst du mit einfachen Worten und vielleicht sogar spielerisch erklären, warum von einem bestimmten Gegenstand oder einer gewissen Situation eine Gefahr ausgeht. Es gibt auch Bilderbücher, die mit einfachen Abbildungen erklären, worauf man achten soll. Diese kannst du mit einem Kind durchblättern, ihm zu jedem Bild etwas erklären oder es die Bilder einfach selbst entdecken lassen.

ExpertInnen plädieren dafür, Bewegung und Aktivität im Kindergartenalter aktiv zu fördern. Je mehr dein Kind klettert, tollt, läuft, turnt und mit dem Laufrad fährt, desto besser wird sein Körpergefühl. Bewegungsabläufe werden routinierter, die Muskeln bleiben aktiv. Der Nachwuchs lernt, wo seine körperlichen Grenzen liegen und zudem trainiert er mit jedem Sturz, wie er sich gut auffangen kann. Bis zum Schulalter kommt es jetzt auf die Balance an, dein Kind einerseits nicht aus den Augen zu lassen, andererseits jedoch bewusst sichere Räume zu schaffen, in denen es sich allein frei bewegen und experimentieren kann.

Tipp: Zeige deinem Nachwuchs doch, wie er am sichersten die Treppenstufen nehmen kann oder dass es einfacher ist, mit dem Popo voran, also rückwärts, von einem Sofa oder der Bettkante zu klettern.

Für Schulkinder

Wenn dein Kind in die Schule kommt, geht es irgendwann bis zum neunten Lebensjahr vom akuten Gefahrenbewusstsein zum vorausschauenden Bewusstsein. Kinder können dann bereits abschätzen, welche Situation sich zu einer Gefahr entwickeln könnte oder welche Gegenstände riskant sind. Nun kannst du schon wunderbar mit Büchern und Materialien arbeiten, auch in der Schule gibt es bis zu einem gewissen Grad bereits eine Erziehung für mehr Gefahrenbewusstein. Kindern in diesem Alter kann man durchaus schon erklären und zeigen, wie sich ein spitzer Gegenstand anfühlt, dass es oberhalb einer Flamme heiß wird oder dass Messer/Scheren Verletzungen verursachen können. Für das soziale Miteinander ist es wichtig, dass Kinder verstehen lernen, aufeinander Rücksicht zu nehmen und darauf zu achten, einander nicht unabsichtlich (und auch nicht absichtlich) zu verletzen.

Tipp: Das Wiederholen von Verboten ist auch in diesem Alter gefragt, wenngleich du deinem Kind jetzt erklären kannst, warum es z. B. verboten ist, einem Ball auf die Straße nachzulaufen. Wiederhole die Erklärungen immer und immer wieder. Ab dem siebenten Lebensjahr ist es zudem eine gute Möglichkeit dein Kind in einer gewissen Situation zu befragen: „Was könnte daran jetzt gefährlich sein, was meinst du?“.

Checkliste: Sicherheit im Haushalt

Damit du dir schnell einen Überblick verschaffen kannst, welche Räume und Bereiche du in und rund um deine Wohnung sichern solltest, haben wir dir eine Übersicht zusammengestellt. Inklusive aller wichtigen Notruf-Telefonnummern! Ideal zum Ausdrucken:

Checkliste herunterladen

Umgang mit Haustieren

Grundsätzlich gibt es einen Unterschied, ob es sich um das eigene Haustier oder ein fremdes Tier handelt. Die größte Gefahr geht dabei aufgrund der Verletzungsgefahr von Hunden aus. Babys, Kleinkinder und Kindergartenkinder sollten nie ohne Aufsicht mit einem Tier allein gelassen werden. Es lässt sich nicht abschätzen, wie ein Tier reagiert, wenn es von einem Kind im Spiel geärgert wird. Und Kinder in diesem Alter haben wiederum noch ein fehlendes Bewusstsein dafür, dass sich ein Tier verteidigt, sobald es sich bedroht fühlt. Je älter dein Kind wird, desto eher wird es verstehen, dass man ein Haustier oder ein fremdes Tier respektvoll behandeln muss und dass es eben kein „Spielzeug“ ist. Du kannst ihm beim Spazierengehen erklären, warum fremde Hunde an der Leine geführt werden müssen und wie immer selbst ein Vorbild sein, indem du dich ebenfalls respektvoll einem Tier näherst. Wenn ihr ein Haustier haben möchtet, dann solltest du dein Kind von Anfang an in die Tierhaltung und Tierpflege miteinbeziehen. So lernt es, Verantwortung zu übernehmen und das Tier als wertvolles Lebewesen zu verstehen.

Wichtig: Auch wenn ihr beispielsweise einen Familienhund habt, ist es wichtig, dass sich dein Kind fremden Hunden ebenso mit Vorsicht nähert. Es muss lernen, dass ein anderer Hund vollkommen anders reagieren kann als der eigene Hund.

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