Kindersicherheit im Auto: Ein Ratgeber für Babyschale, Reboarder und Kindersitz

Wir widmen uns in dieser Artikelserie dem wichtigen Thema der Kindersicherheit im Auto. Noch vor der Geburt musst du dir Gedanken darüber machen, wie du am Heimweg von der Klinik im Auto sicherst, am besten ist die Babyschale in den letzten Schwangerschaftswochen schon fix montiert. Mit dem Wachstum deines Kindes ändern sich die Anforderungen an einen Autokindersitz. Zudem gibt es gesetzliche Bestimmungen, unterschiedliche Sitzgruppen und seit kurzer Zeit auch die neue EU-weite i-Size Norm. Derzeit gelten für Autorückhaltesysteme zwei Normen gleichzeitig: Die „alte“ ECE R-44-04-Norm, mit der eine Einteilung der Kindersitze in Gruppen einhergeht, sowie die ECE R-129-Norm i-Size, die seit November 2014 in Kraft ist.  Wir haben alle Informationen für dich gesammelt – beginnen wir nun mit den Grundlagen der Kindersicherung.

Die gesetzlichen Bestimmungen in Österreich

Ob Baby, Klein- oder Kindergartenkind, es ist deine Pflicht, dein Kind altersgerecht im Auto zu sichern. Wie lange Kinder entsprechend gesichert werden müssen, ist im § 106 des Kraftfahrgesetzes geregelt. Seit einer Novellierung im März 2019 gilt die verpflichtende Gurtsicherung mit einem Kindersitz oder einer Sitzerhöhung nur mehr bis zu einer Körpergröße von 135cm. Das bedeutet, wenn dein Kind größer als 135cm ist, darfst du es mit dem normalen Autogurt anschnallen.

Die ExpertInnen gehen aber dennoch davon aus, dass Kinder auch ab einer Körpergröße von 135cm in einem sogenannten Rückhaltesystem besser gesichert sind als mit dem bloßen Autogurt. Für ältere Kinder bietet sich hier eine Sitzerhöhung mit Gurtführung an – vor allem bei schmäleren Kindern besteht nämlich die Gefahr, dass sie unter dem Gurt durchrutschen, durch die vorgegebene Führung kann dies verhindert werden.

Aufgepasst im Urlaub

Woran du vielleicht nicht denkst: Im Ausland gibt es für die Beförderung von Kindern bis zu einem gewissen Alter gesetzliche Bestimmungen, die sich nicht mit jenen in Österreich decken. Das ist etwas, das du bei Urlaubsreisen ins benachbarte Ausland beachten solltest. In Kroatien, Tschechien, Italien, Ungarn, in der Schweiz und in Slowenien sieht die Verkehrsordnung für Kinder unter 150cm Körpergröße und/oder unter 36 kg Körpergewicht einen Kindersitz vor.

In Italien ist der rückwärtsgerichtete Transport von Kindern unter neun Kilo zudem Pflicht. Erkundigen solltest du dich auch, wenn du einen Mietwagen vor Ort ausborgen möchtest. Es gilt abzuklären, ob die Autovermietung gesetzeskonforme Sitze zur Verfügung stellt oder ob ihr mitgebrachte Sitze befestigen könnt.

ECE-Norm

ECE-Normen sind Richtlinien, die von der Europäischen Wirtschaftskommission festgelegt und von den einzelnen Mitgliedsstaaten freiwillig anerkannt werden. Um die Sicherheit der Autokindersitze auch seitens der Hersteller zu gewährleisten, gelten für Babyschalen, Sitze und Sitzerhöhungen die ECE-Normen 44.04. (beim Kauf) sowie 44.03. (bei der Verwendung).

Kindersitze, die diesen Normen nicht entsprechen, dürfen im Auto nicht verwendet werden. Jeder Sitz ist gewissermaßen mit einer Plakette ausgestattet, auf der die Prüfnummer vermerkt ist. Die Aktualität der Plakette solltest du unbedingt vor dem Neukauf und vor allem beim Kauf eines gebrauchten Autokindersitzes überprüfen. Der Aufkleber gibt zudem die Art der Verwendung (universal, semi-universal, fahrzeugtypisch) sowie das zugelassene Körpergewicht an.

© Zwergperten

i-Size

2013 wurde mit der UN R129-Verordnung eine neue Norm für Kindersitze eingeführt, die Ende 2014 in Österreich in Kraft getreten ist. Sitze, die nach i-Size zugelassen sind, müssen strengere Kriterien erfüllen (z.B. verpflichtender Seitenaufprallschutz und Verwendung mit ISOFIX) als jene aus der „alten“ Sitzgruppenzuteilung. Bei i-Size orientiert man sich an der Körpergröße des Kindes. Die Hersteller legen von sich aus fest, in welchem Größenbereich der Sitz genutzt werden darf. Im erforderlichen Zulassungsverfahren werden die Angaben geprüft. Die Ausrichtung auf die Körpergröße des Kindes soll für mehr Sicherheit und dafür sorgen, dass Kinder nicht zu früh in den nächstgrößeren Sitz gesetzt werden.

Eine weitere Neuerung bringt i-Size mit sich: Bis zum 15. Lebensmonat müssen Kinder rückwärtsgerichtet, also entgegen der Fahrtrichtung, transportiert werden können. Das bedeutet, Hersteller müssen gewährleisten, dass Sitze nicht nur in die Fahrtrichtung, sondern auch gegen die Fahrtrichtung verwendet werden können. Bei sogenannten Reboardern, die als Nachfolger einer Babyschale zum Einsatz kommen, ist das ohnehin der Fall. Crashtests haben gezeigt, dass der Nachwuchs rückwärtsgerichtet vor allem bei einem Frontalaufprall besser geschützt ist. Auch Hals-, Nacken-, und der Wirbelbereich sind bei einem Aufprall weniger ausgesetzt.

Derzeit sind Autokindersitze am Markt, die entweder der R-44-04-Norm oder der R-129 (iSize)-Norm entsprechen. Beide Varianten dürfen verkauft werden und gelten als sicher – Detailergebnisse zu einzelnen Modellen liefern regelmäßige Autokindersitztests von Konsumentenschützern und Autofahrerclubs. Der ÖAMTC macht im Testprozedere keinen Unterschied zwischen R-44-04 und R-129 genormten Sitzen, es wird auch bei rückwärts- oder vorwärtsgerichteten Sitzen nicht anders getestet. Wird ein Kindersitz mit „Gut“ oder „Befriedigend“ bewertet, wird auch hier nicht unterschieden zwischen anders genormten Sitzen. Wie lange die R-44-04-Norm noch gilt, ist derzeit nicht klar. Eltern können sich jedenfalls darauf verlassen, dass Autokindersitze beider Normen grundlegende Sicherheitsrichtlinien der EU erfüllen. Die Normen weichen in ein paar Aspekten voneinander ab, hier kannst du mehr dazu erfahren.

So findest du den richtigen Kindersitz

Beschäftigen solltest du dich mit dem Thema bereits während der Schwangerschaft – schließlich benötigst du nach der Entbindung eine sichere Transportlösung für dein Baby. Derzeit bekommst du am Markt Autokindersitze, die sowohl nach dem Sitzgruppensystem (Klassifizierung nach Gewicht) ECE R-44-04 als auch nach i-Size (Klassifizierung nach Körpergröße) eingeteilt sind.

Je nach Alter und Gewicht deines Kindes kommen für dich folgende Klassen in Frage:

Autokindersitze für Neugeborene

Nach ECE R-44—04 sind das die Sitze der Gruppe 0 (0 – 10 kg) und 0+ (0 – 13 kg). Bei i-Size wird anhand der Körpergröße des Kindes eingeteilt. Autokindersitze für Neugeborene sind bis zu einer Größe von 80 cm geeignet.  Dabei handelt es sich immer um eine Babyschale, die rückwärts gerichtet im Auto montiert wird oder einen Reboarder mit entsprechendem Neugeborenen-Einsatz. Sitze, die ECE R-44-04 zertifiziert sind, sehen ein rückwärtsgerichtetes Transportieren des Kindes bis zu einem Gewicht von 9 kg vor. In i-Size-Sitzen wird der Nachwuchs bis zu einem Alter von mindestens 15 Monaten gegen die Fahrtrichtung transportiert.

Autokindersitze für Babys und Kleinkinder

Nach der ECE R-44-04-Norm spricht man hier von Sitzen der Gruppe 1 (9 – 18 kg): Je nach Modell werden diese Sitze in oder gegen die Fahrtrichtung (Reboarder) befestigt. Die Sicherung erfolgt immer mittels eines 5-Punkte-Gurts, der direkt an der Babyschale/dem Kindersitz angebracht ist. Die Einteilung nach i-Size umfasst alle Kindersitze (rückwärts oder vorwärtsgerichtet) bis zu einer Körpergröße zwischen 70 und 105 cm.

Autokindersitze für ältere Kinder und Sitzerhöhungen

Diese Gruppe, bisher als Gruppe 2/3 bekannt, umfasst Sitze, die von 15 – 36 kg Körpergewicht geeignet sind. In der neuen i-Size-Norm sind das Autokindersitze, die bei einer Körpergröße von 100 bis 105 cm und auch noch später im Schulalter verwendet werden können. Dein Kind kann bis zu einer Körpergröße von 150 cm auf einer Sitzerhöhung oder in einem Sitz mit Rückenlehne transportiert werden. Gesetzlich vorgeschrieben ist so eine Erhöhung nur mehr bis zu einer Größe von 135 cm. Sitze dieser Gruppe werden mit ISOfix (wenn vorhanden) und dem Gurt des Autos gesichert.

Ganz neu sind in diesem Zusammenhang Rückhaltesysteme, die als „New Forward“ bezeichnet werden. Es handelt sich dabei um Autokindersitze, in denen dein Kind in Fahrtrichtung sitzt. Gesichert ist es mittels eines Fangkörpers und des Gurtes. Im Fangkörper selbst ist ein Airbag integriert, der sich bei einem Frontalaufprall aktiviert und sich sowohl oberhalb als auch unterhalb des Fangkörpers in C-Form öffnet. Der kleine Passagier wird dadurch sanft im Sitz gehalten, die enormen Kräfte, die auf den Bauchbereich, Schultern, Nacken, Wirbelsäule und Kopf einwirken abgefedert.

Tipps für den Kauf

Beginnen wir mit dem wichtigsten Tipp: Der Kindersitz muss in dein Auto passen. Das klingt jetzt möglicherweise etwas übertrieben, wenn wir es extra anführen, aber nicht jeder Kindersitz kann in jedem beliebigen Automodell so angebracht werden, dass er dein Kind ausreichend schützt. Wir empfehlen dir also, dich von einem Experten/einer Expertin oder einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin des ARBÖ oder ÖAMTC ausreichend beraten zu lassen.

Im ersten Schritt legst du eine Babyschale, einen Sitz, eine Sitzerhöhung (was auch immer dem Alter und der Größe deines Kindes entspricht) fest. Anschließend überprüfst du, ob der Sitz mit dem Auto, in dem er hauptsächlich verwendet wird, kompatibel ist. Viele Fachgeschäfte und auch die Autofahrerclubs bieten die Möglichkeit, dein Auto (und vielleicht auch dein Kind) zum Kauf mitzunehmen. Du kannst dann direkt vor Ort probieren, wie sich der Autokindersitz für dein Kind anfühlt (z.B. ob der Fangkörper akzeptiert wird) und ob der Einbau in deinen Wagen klappt. Die korrekte Befestigung im Fahrzeug ist nämlich das Um und Auf.

ISOfix Vorrichtung

Idealerweise hast du in deinem Auto eine ISOfix Vorrichtung. Es handelt sich hierbei um Befestigungsbügel, die mit der Karosserie deines Fahrzeuges verbunden beziehungsweise fix verbaut sind. Verfügt dein Kindersitz also über eine ISOfix Befestigung, kannst du den Autokindersitz zusätzlich an den Metallbügeln, die sich zwischen Autorücksitz und Lehne „verstecken“, befestigen. Die Extra-Sicherung mit dem herkömmlichen Gurt des Autos führt in Kombination mit ISOfix, dazu, dass der Sitz äußerst stabil im Auto verankert ist.

Checkliste: Kindersitzkauf

Welche Kindersitzgruppe braucht mein Kind? Wie wird der Sitz im Auto befestigt? Sind die Bezüge abnehmbar und waschbar? All diese Fragen stellen sich, wenn du eine Babyschale oder den ersten Kindersitz für dein Kind besorgst. Damit du gut informiert bist und das richtige Modell findest, hilft dir unsere Checkliste mit den wichtigsten Punkten, die du beim Kauf beachten solltest. Ideal zum Ausdrucken:

Checkliste herunterladen

Experten-Überprüfung durch

Kai Schaffran

Herr Kai Schaffran ist Geschäftsführer der Zwergperten GmbH und Inhaber Zwergperten Berlin. Er ist Familienvater, Ingenieur für KFZ-Technik, langjähriger Prüfer und Sachverständiger beim TÜV Süd.

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