Schwanger und Single

Vom Klischee der glücklichen Bilderbuchfamilie, das mittlerweile vielmehr ein von der Gesellschaft vorgegebenes Konstrukt ist, müssen sich einige Frauen bereits sehr früh verabschieden. Dass sie schwanger sind, stellen sie nämlich erst nach der Trennung vom Partner oder einer kurzen Liaison fest. Manchmal sucht der Partner auch überfordert das Weite, wenn sich überraschend gemeinsamer Nachwuchs ankündigt oder es kommt zu unüberbrückbaren Problemen, die ein gemeinsames Leben und Großziehen des Kindes plötzlich nicht mehr möglich machen. Alleinstehende Frauen, die sich bewusst für eine Schwangerschaft entscheiden, bilden die Minderheit. Wie auch immer es zu der Situation kommen mag, schwangere Single-Frauen sehen sich jedenfalls einer besonderen Herausforderung gegenüber.

Es gilt, das eigene Leben, den Alltag neu zu organisieren und sich schön langsam mit dem Gedanken anzufreunden, dass man sowohl Schwangerschaft, Geburt als auch die Zeit danach allein bewältigen wird, in erster Linie ohne Kindsvater. Allein bedeutet zunächst jedoch einfach nur ohne Partner. Oftmals ergeben sich in solchen Situationen nämlich Unterstützungen und Hilfsangebote, mit denen man im Vorfeld gar nicht gerechnet hätte oder von denen man schlichtweg nichts wusste.

Was jedoch trotz guter Organisation und Unterstützung eine Herausforderung bleibt, ist das gesellschaftliche Bild von Ein-Eltern Familien. Sie werden häufig als defizitär wahrgenommen und spüren diese Haltung auch, was sich wiederum negativ auf ihre Selbstwahrnehmung auswirkt.

Schwangere Frau im Bett

Schwangerschaft und Geburtsvorbereitung

Eine Schwangerschaft kann mitunter ganz schön an den eigenen Kräften zehren. Da geben sich schon mal die unterschiedlichsten Emotionen die Klinke in die Hand: Sorgen, Zweifel, Vorfreude, Begeisterung, Ängste sowie Gefühle des unfassbaren Glücks. Alleinstehende werdende Mamas erleben diese Phasen genauso wie schwangere Frauen, die sich in einer festen Partnerschaft befinden. Der Unterschied besteht jedoch ganz offensichtlich darin, dass Single-Schwangere keinen Partner haben, der sie in dieser aufregenden Zeit unterstützt, der Sorgen zerstreut oder einfach seine Schulter zum Anlehnen anbietet.

Mit allen Entscheidungen und Fragen auf sich allein gestellt zu sein, darauf reagieren viele mit Überforderung und Hilflosigkeit. Um negativen Emotionen nicht übermäßig viel Platz zu geben, empfiehlt es sich, so früh wie möglich eine Beratungsstelle für Schwangere aufzusuchen. In Gesprächen werden Ziele und Perspektiven abgesteckt und Ängste sowie Vorbehalte thematisiert. Das erleichtert der Schwangeren, sich über ihre Gefühle und ihre Situation im Klaren zu werden. Eine Schwangerschaft ohne Partner ist zweifelsohne eine Herausforderung und eine spezielle Situation, kann aber auch eine erfüllende und wunderschöne Erfahrung im Leben einer Frau sein.

Neben der professionellen Beratung sind Familie, Freund*innen und Bekannte eine wichtige Stütze für werdende Single-Mütter. Im Idealfall bilden sie ein sicheres Netzwerk und stehen von Arztbesuchen über Einkauf von Kinderkleidung bis hin zur Umgestaltung der Wohnung unterstützend zur Seite. Darüber hinaus profitieren schwangere Frauen ohne Partner auch maßgeblich vom Austausch mit anderen Frauen, die sich in der gleichen Situation befinden. Mittlerweile werden in einigen österreichischen Städten bereits Geburtsvorbereitungskurse für Singles beziehungsweise Frauen, die den Kurs allein besuchen möchten, angeboten. Die Entbindung müssen Schwangere auch nicht alleine meistern. In allen Spitälern und Geburtshäusern dürfen Gebärende eine Begleitperson ihrer Wahl in den Kreißsaal mitnehmen.  

Hebammenbetreuung

Hebammen sind wichtige Begleiterinnen während der Schwangerschaft, nach der Geburt und im Wochenbett. Sie sind oft eine wichtige Anlaufstelle für alle Fragen rund um Schwangerschaft und Geburt. Dabei gilt: je früher Hebamme und werdende Mutter sich kennenlernen, desto besser. So kann sich über Monate hinweg ein echtes Vertrauensverhältnis entwickeln, welches sich nicht nur positiv auf den Verlauf der Schwangerschaft, sondern auch auf die Entbindung auswirkt. Gerade Single-Schwangere verspüren ein stärkeres Bedürfnis sich austauschen – schließlich fehlt ihnen der Partner an ihrer Seite. Es ist zwar nicht die Aufgabe einer liebevollen Hebamme, diese Lücke zu füllen, sie kann der Schwangeren jedoch ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit vermitteln – sowohl in medizinischen als auch in persönlichen Belangen.

Oft besteht darüber hinaus die Möglichkeit, die eigene Hebamme zur Geburt mitzunehmen. Dies wird jedoch in allen Krankenhäusern (Stichwort Beleghebamme) unterschiedlich gehandhabt und sollte unbedingt rechtzeitig abgeklärt werden.  Eine Beleghebamme ist jedoch immer auch eine Kostenfrage, da ihre Leistungen für Rufbereitschaft und Geburtsbegleitung nicht gedeckt sind und das für viele Allerzieherinnen nicht leistbar ist. Einen Überblick über alle Kassenleistungen findest du beim österreichischen Hebammengremium.

Tipp: Nimm jedenfalls das kostenlose Hebammengespräch, das im Mutter-Kind-Pass zwischen der 18. und 22. Woche vorgesehen ist, in Anspruch. Weiters gibt es die Möglichkeit als emotionale Stütze eine Doula zur Geburt mitzunehmen – auf Anfrage arbeiten manche Doulas auch ehrenamtlich. Eine Doula kann gerade für alleinstehende Mamas eine wichtige Begleiterin sein, sie verfügt jedoch über keine medizinische Ausbildung. Sie ersetzt die Hebamme nicht. Idealerweise arbeiten Doulas und Hebammen im Team.

Austausch mit anderen Single-Müttern

Alleinstehende Mütter, die bereits Erfahrungen rund um die Themen Schwangerschaft, Geburt und Erziehung gesammelt haben, geben anderen Betroffenen meist einen wichtigen Rat: frühzeitig soziale Kontakte zu knüpfen. Ob in einem Internet-Forum, am Spielplatz oder bei „Eltern-Cafés für Singles“ bleibt jeder Frau selbst überlassen. Auch Sozialarbeiter*innen sind der Meinung, dass der Austausch mit anderen dabei hilft, sich in der eigenen, manchmal schwierigen Situation besser zu Recht zu finden.

Frauen, die in ihrer Schwangerschaft schon einmal auf sich allein gestellt waren, haben aus eigener Erfahrung ein Gefühl dafür entwickelt, mit welchen Sorgen schwangere Single-Mamas konfrontiert sind. Der Austausch mit anderen schwangeren Singles kann dabei helfen, sich als eine von vielen zu begreifen, anstatt sich anders als alle anderen werdenden Mütter zu fühlen. Manchmal ergeben sich daraus Freundschaften fürs Leben, manchmal hilft das Treffen mit Gleichgesinnten auch einfach nur dabei, eine bestimmte Phase zu überbrücken.

Professionelle Unterstützung

Wenn man das Gefühl hat, dass weder Familie noch Freunde weiterhelfen können, dann ist es ratsam, professionelle Unterstützungsangebote anzunehmen. Gerade schwangere Single-Frauen stehen vor besonderen Herausforderungen. Existenzängste und Selbstzweifel sind keine Seltenheit, oftmals gilt es auch noch die Trauer über den Verlust des Ex-Partners zu verarbeiten.

Vereine & Einrichtungen

In Österreich gibt es eine Vielzahl an Familien- und Frauenberatungseinrichtungen, die eine erste Anlaufstelle für Betroffene darstellen wie beispielsweise die Caritas Familienberatung, psychosoziale Dienste oder Frauengesundheitszentren.

Außerdem gibt es Beratungsstellen für Alleinerziehende, wie der Verein JUNO in Wien und Niederösterreich, die auf Alleinerziehende spezialisiert sind. Entsprechende Institutionen bieten schwangeren Frauen die Möglichkeit, rasch und unbürokratisch psychologische Beratungen aber auch Hilfestellungen in Bezug auf finanzielle und rechtliche Aspekte in Anspruch zu nehmen. Auch spezifischere Fragen wie Vaterschaftsanerkennung und Obsorgeregelungen können hier besprochen werden. Augenmerk wird auch auf eine mögliche Mediation, also die Vermittlung zwischen der schwangeren Frau und dem Vater des Kindes, gelegt. Eine Klärung der Verhältnisse schafft Sicherheit auf beiden Seiten sowie gute Voraussetzungen für die weitere Schwangerschaft und das Kindswohl. Auch der Umgang mit einem unbekannten Kindsvater kann in diesem geschützten Rahmen geklärt werden.

Familienkonstellationen in Österreich

Für Single-Mütter und Ein-Eltern-Familie ist es oftmals auch nicht einfach, sich in ihrer gesellschaftlichen Rolle zu verorten, ohne einem schlechten Gewissen oder dem Gefühl „etwas falsch gemacht zu haben“. Im klassischen Sinne besteht eine Familie aus Vater, Mutter und Kind(ern), dieses Idealbild ist trotz sich stetig verändernder Familienformen immer noch das Idealbild unserer Gesellschaft. Laut österreichischem Familienbericht gab es im Jahr 2019 unter den Familien mit Kindern unter 15 Jahren 67,7 % Ehepaar-Familien, 18,2 % nichteheliche Lebensgemeinschaften und 14,1 % Alleinerziehenden-Familien.

Mittlerweile machen Ein-Eltern-Familien und Patchwork-Konstellationen schon gut ein Viertel aller Familien in Österreich aus, dennoch fehlt es an vielen Ecken an Vorbildern und einem breiten gesellschaftlichen Verständnis für die Bedürfnisse dieser Familienformen. Es ist vollkommen normal, wenn es dir als Single-Mama daher schwerer fällt, dich zu orientieren oder dich in deiner Rolle einzufinden. In darauf spezialisierten Beratungsstellen findest du professionelle Unterstützung, praktische Ansätze zur Gestaltung des Alleinerziehenden-Alltages und ein offenes Ohr für deine Sorgen und Probleme. Ziel ist es, dich für deinen individuellen Weg zu stärken.

Tipp: Wenn du nicht weißt, wo dir der Kopf steht, weil du beispielsweise erst kurz getrennt bist, empfiehlt sich eine Orientierungs- oder Erstberatung. Du bekommst Unterstützung dabei, die nächsten Schritte zu klären und hilfreiche Inputs zur Neuorganisation, Wohnsituation, finanziellen Themen, Auskommen mit dem anderen Elternteil usw.  

Finanzielle Fragen und Unterhalt

Die Bewältigung der Schwangerschaft ist eine Sache, Erziehung und existenzielle Absicherung des Kindes als alleinstehende Mutter die andere. Sind die Eltern getrennt, ist jener Elternteil zu Unterhalt in Form von Geldleistungen verpflichtet, der nicht im selben Haushalt lebt wie das Kind. Das Kind hat dem unterhaltspflichtigen Elternteil gegenüber also einen Unterhaltsanspruch, den der hauptbetreuende Elternteil geltend machen muss. In den meisten Fällen ist es der Vater, der der Mutter monatlich einen fixen Betrag für das Kind zahlen muss. Bei der Berechnung des Unterhalts unterstützt die Kinder- und Jugendanwaltschaft, ebenso wenn der Unterhaltsschuldner den Unterhalt nicht zahlt.

Doch auch wenn Unterhalt gezahlt wird, ersetzt der bei Weitem kein zweites Einkommen im Haushalt. Deshalb sind Alleinerziehende und ihre Kinder häufig auf finanzielle Beihilfen und geförderten Wohnraum angewiesen. Informationen dazu gibt es in Sozialberatungsstellen im jeweiligen Bundesland. Es kann hilfreich sein, sich hier schon während der Schwangerschaft zu informieren. So kann schon vor der Geburt oder direkt danach z. B. ein Antrag auf eine geförderte Wohnung gestellt werden und die Mutter kann ihre finanzielle Situation nach der Geburt besser einschätzen und sich vorbereiten. Glücklicherweise finden sich meistens gute Lösungen, sodass auch Ein-Eltern Familien ein abgesichertes Leben führen können.

Expert*innen-Überprüfung durch

Erika Heimhilcher

Erika ist seit 13 Jahren Hebamme und begleitet Schwangere und Familien seit 2023 freiberuflich mit Vor- und Nachbetreuungen sowie Geburtsvorbereitungskursen. Außerdem hält sie Workshops bei JUNO, dem Zentrum für Getrennt- und Alleinerziehende in Wien und Niederösterreich. Mehr über JUNO erfahren.

Expert*innen-Überprüfung durch

Sarah Zeller

Sarah ist Gründerin von JUNO, dem Zentrum für Getrennt- und Alleinerziehende in Wien und Niederösterreich. Als Familien- und Lebensberaterin und ehemalige Alleinerziehende leitet sie JUNO bis heute und arbeitet in der Beratungsstelle. Hier gibt es Angebote von Peer-Beratung über Workshops bis hin zu Wohnprojekten. Mehr über JUNO erfahren.

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