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Schwangerschaft und Depression
Eine Schwangerschaft ist an sich eine erfreuliche Angelegenheit. Für viele Frauen wird ein lang gehegter Wunsch endlich wahr, andere sind vielleicht ein wenig überrascht aber dennoch überglücklich. Werde ich eine „gute“ Mutter sein? Habe ich an alles gedacht? Kann ich meinem Kind Wärme und Geborgenheit bieten? Mache ich alles „richtig“? Das sind nur ein paar der Gedanken, die vielen werdenden Müttern im Kopf herumkreisen. Meist hilft ein Gespräch mit dem Partner, einer Freundin oder der Hebamme, um wieder mehr Selbstsicherheit zu erlangen. In manchen Fällen dreht sich die Abwärtsspirale jedoch immer weiter nach unten. Plötzlich übernimmt die Angst das Kommando.
Anstelle von Freude und Mutterglück treten Panik und Niedergeschlagenheit. Im Laufe einer Schwangerschaft sieht sich beinahe jede Frau mit kleinen oder auch größeren Zweifeln und Sorgen konfrontiert. Nehmen diese nicht Überhand, ist das in Anbetracht der großen Veränderung vollkommen normal. Treten depressive, melancholische Verstimmungen jedoch in regelmäßigen Abständen auf, gepaart mit dem Gefühl aus diesem „Loch“ nicht mehr herauszukommen, dann sollte man sich an den Gynäkologen/die Gynäkologin oder die Hebamme wenden.
Tabuthema Schwangerschaftsdepression
Etwa 10% aller schwangeren Frauen sind von einer Schwangerschaftsdepression betroffen. Davon spricht man, wenn sich ein depressives Krankheitsbild zum ersten Mal während der Schwangerschaft und eventuell auch nach der Geburt zeigt. Bedauerlicherweise sind Depressionen „in anderen Umständen“ immer noch ein Tabuthema. Betroffene Frauen schämen sich für ihren Zustand. Sie fühlen sich schuldig, weil sie denken, dass sie sich ausschließlich glücklich fühlen dürften. Schließlich ist eine Schwangerschaft, allgemein gesehen, ein Grund zur Freude. Während die einen „nur“ an Stimmungsschwankungen leiden, gelingt es depressiven Schwangeren nicht mehr, sich aus eigener Kraft von ihren düsteren Gedanken zu befreien. Die Nerven liegen blank, Existenz- und Versagensängste bestimmen den Alltag der werdenden Mütter. Die körperlichen und emotionalen Veränderungen, die eine Schwangerschaft mit sich bringt, führen zu Verunsicherung und so gelingt es nicht allen Frauen, sich an die neue Situation anzupassen.
Letztlich ist es wichtig, auf sich zu achten und die Signale des eigenen Körpers ernst zu nehmen. Schwangere Frauen wissen meistens selbst ganz genau, ob sie gerade unter Stimmungsschwankungen leiden, oder ob es den depressiven Gedanken bereits gelungen ist, sich festzusetzen. Grundsätzlich gilt: werden Depressionen in der Schwangerschaft rechtzeitig erkannt, gibt es gute Chancen auf Behandlung und Linderung der Symptome. Betroffene Frauen sollten sich daher nicht nur ihrer Familie, sondern auch ihrem Arzt/ihrer Ärztin anvertrauen. Er/sie legt nach einer ersten Diagnose die weitere Vorgehensweise fest und informiert gegebenenfalls Hebamme und/oder die Geburtsklinik. Je nach Schwere der Depression wird gemeinsam mit einem Spezialisten auch eine medikamentöse Behandlung in Erwägung gezogen. Mittlerweile gibt es nämlich eine Reihe von Psychopharmaka, die man trotz Schwangerschaft (unter ärztlicher Kontrolle) einnehmen darf.
Mögliche Auslöser
Die Ursachen für eine Schwangerschaftsdepression sind von Frau zu Frau unterschiedlich. Die umfassende Hormonumstellung macht dem weiblichen Körper zu schaffen, hinzu kommen vielleicht Stress am Arbeitsplatz oder mit dem Partner und die Tatsache, dass man plötzlich nicht mehr nur für sich selbst verantwortlich ist. Während die einen gelassen damit umgehen, fühlen sich andere zunehmend von der neuen Situation überfordert. Folgende Faktoren können darüber hinaus als Auslöser für eine Depression während der Schwangerschaft fungieren:
- Familiäre oder persönliche Vorbelastung: wer bereits vor der Empfängnis an Depressionen oder Angstzuständen leidet, hat ein höheres Risiko diese Erkrankung auch in die Schwangerschaft „mitzunehmen“.
- Massive körperliche Beschwerden: Frauen, die unter besonders starker Morgenübelkeit leiden oder den Großteil ihrer Schwangerschaft im Krankenhaus verbringen müssen, tendieren eher zu depressiven Verstimmungen als andere werdenden Mütter.
- Traumatische Schwangerschaftserfahrungen und/oder Komplikationen: dazu zählen vorangegangene Frühgeburten, mehrere Versuche der künstlichen Befruchtung genauso wie komplizierte Geburten und Früh- oder Totgeburten.
- Traumatische Kindheitserlebnisse, die bis zur Schwangerschaft unentdeckt bleiben und erst aufgrund zahlreicher emotionaler und körperlicher Veränderungen ans Tageslicht gelangen.
Rechtzeitige Diagnose
Allen voran steht eine rechtzeitige Diagnose. Je früher das Ausmaß der Depression erkannt wird, desto eher können unterstützende Maßnahmen ergriffen und sowohl Angehörige als auch die betroffene Mutter entsprechend informiert werden. Das größte Problem sind hierbei jedoch die schwangeren Frauen selbst. Offen über ihre Probleme zu sprechen, fällt ihnen schwer, da sie sich für ihren Zustand über die Maßen schämen und sich selbst die Schuld daran geben. Daher empfehlen Experten auch Freunden und Verwandten, sich im Namen der Betroffenen Hilfe zu suchen, sobald sie den Verdacht haben, dass die werdende Mutter an einer Schwangerschaftsdepression leiden könnte. Durch eine zeitnahe Behandlung können Folgeschäden für Mutter und Kind, Komplikationen bei der Geburt sowie postpartale Depressionen verhindert werden.
Postpartale Depressionen
Depressionen können nicht nur während der Schwangerschaft, sondern vor allem auch in den Wochen und Monaten nach der Geburt auftreten. Sie werden häufig mit dem bekannten Phänomen des „Baby Blues“ verwechselt. Unter „Baby Blues“ versteht man starke Gefühlsausbrüche, Unruhe und Angstgefühle, die Frauen wenige Tage nach der Entbindung erleben. Dieser Zustand hält jedoch in den meisten Fällen nicht lang an. Anders sieht es hingehen bei einer postpartalen Depression aus. Sie macht sich durch anhaltende Stimmungstiefs, Mattheit und negatives Gedankenkreisen bemerkbar. Oftmals fühlen sich Frauen nicht mehr in der Lage, für sich und das neugeborene Baby zu sorgen und möchten den ganzen Tag im Bett oder vor dem Fernseher verbringen. In der Medizin unterscheidet man drei Schweregrade:
- Leichte postpartale Depression: hier sind die überwiegenden Symptome Angst, emotionale Überempfindlichkeit sowie häufige Gefühlsausbrüche oder Weinkrämpfe.
- Schwere postpartale Depression: wenn sich die negative Stimmung dauerhaft mit spürbaren Auswirkungen auf den Alltag festsetzt, spricht man von schweren postpartalen Depressionen. Sie sind in den Anzeichen mit „herkömmlichen“ Depressionen gleichzusetzen und äußern sich auch auf körperlicher Ebene.
- Puerperale Psychose: die schwerste Form der postpartalen Depression ist die puerperale Psychose. Davon sind in etwa 1-2 von 1000 Frauen betroffen. Sie äußert sich in Wahnvorstellungen, Halluzinationen und affektiven Verhaltensstörungen.
Hilfe für Betroffene und deren Familien
Depressionen, sowohl während als auch nach einer Schwangerschaft, sind heutzutage keine Seltenheit mehr. Hebammen und Ärzte wissen mit dem Thema umzugehen, darüberhinaus gibt es zahlreiche Beratungsstellen, an die man sich wenden kann. Betroffene Frauen sollten daher nicht zögern, die ihnen angebotene Hilfe auch anzunehmen. Ob Psychotherapie oder medikamentöse Behandlung – das ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Manchmal hilft auch schon der Austausch mit der Familie oder mit anderen Betroffenen im Rahmen einer Selbsthilfegruppe. Der erste Schritt zur Verbesserung der Situation ist immer der offene Umgang mit den eigenen Problemen und Beschwerden, auch wenn es anfangs noch schwer fallen mag. Je mehr Unterstützung Betroffene von Experten und dem persönlichen Umfeld erhalten, desto eher ist es ihnen möglich sowohl Schwangerschaft als auch die Zeit nach der Geburt als etwas Positives zu erleben.
Informationen zum Thema Schwangerschaftsdepression und mögliche Anlaufstellen finden sich u.a. beim Wiener Programm für Frauengesundheit:
http://www.frauengesundheit-wien.at/frauengesundheit/schwangerschaft/postpartale_depression.html
…“eigentlich sollte ich glücklich sein…“ Ratgeber für Mütter, Fonds Soziales Wien:
http://www.fsw.at/export/sites/fsw/fswportal/downloads/broschueren/frauengesundheit/PPDRatgeber.pdf
Weiterführende Artikel:
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