Der werdende Vater

Freude über den positiven Schwangerschaftstest, Aufregung, Zweifel, unbändiges Glück: auch für werdende Väter ist die Schwangerschaft ihrer Partnerin eine ganz besondere Zeit. Während die Frau sich jedoch von Anfang an mehr oder weniger intensiv mit der Mutterschaft und der neuen Situation auseinandersetzt, erleben Männer die 9 Monate aus einem anderen Blickwinkel. Natürlich bereiten sie sich auch in gewisser Weise auf die Vaterschaft vor, allerdings unterscheiden sich ihre Voraussetzungen grundlegend von jenen der Frauen.

Kleinkind sitzt in Schoß des Vaters

Erwartet ein Paar gemeinsamen Nachwuchs, fühlen sich viele Männer als Zaungast. Sie sehen in den ersten Monaten beispielsweise, dass ihre Partnerin unter Schwangerschaftsbeschwerden leidet und spüren, dass die Stimmung der werdenden Mutter zeitweise getrübt ist. Werdende Väter sind zwar nicht in der Lage, Übelkeit und Co. einfach wegzuzaubern, aber sie können ihre Partnerin moralisch und organisatorisch unterstützen. Dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten: So können sie für die Schwangere da sein, sich Zeit nehmen, sich über die Schwangerschaft informieren, zu Untersuchungen mitgehen, die Aufgaben nach der Geburt festlegen oder die Aufteilung der Karenz besprechen.

Aus männlicher Perspektive ist es manchmal nicht ganz einfach nachzuvollziehen, wie sich der Körper der Frau verändert und welche Auswirkungen die Schwangerschaft auf die Psyche hat. Darüber hinaus ist es auch schwer, sich auf die wechselnden Stimmungen seiner Partnerin einzustellen. Verlässt sie morgens noch gut gelaunt das Haus, bricht beim Abendessen aufgrund einer unbedachten Bemerkung eine kleine Welt für sie zusammen.

Manche Schwangere ziehen sich von ihrem Partner zurück, andere benötigen wiederum besonders viel Aufmerksamkeit und Fürsorge. Die Bedürfnisse schwangerer Frauen sind so individuell wie sie selbst. Daher sollten werdende Väter versuchen, offen und unbefangen an das Abenteuer Schwangerschaft heranzugehen. Wer sich von konkreten Erwartungen und bestimmten Vorstellungen löst, kann flexibler reagieren und der schwangeren Partnerin genau jene Aufmerksamkeit schenken, die sie benötigt. Dies soll jedoch keine Einbahn sein: Kommunikation ist wichtig - von beiden Elternseiten aus. Wenn sich Paare von Beginn an miteinander austauschen, kann die Elternschaft besser gelingen, als wenn dies eben nicht passiert.

Co-Schwanger

Während es manchen Vätern schwerfällt, sich in die Partnerin hineinzuversetzen, gibt es andere, die im übertragenen Sinn selbst schwanger sind. Sie nehmen ebenfalls an Gewicht zu, leiden an mäßiger bis starker Übelkeit und gelegentlich auch unter Stimmungsschwankungen. Sie integrieren die Schwangerschaft in ihre eigene (körperliche) Lebensrealität. ExpertInnen sprechen in solchen Fällen vom sogenannten Couvade-Syndrom. „Couver“ ist die französische Bezeichnung für „brüten“. Die Couvade-Symptomatik bezeichnet zwei unterschiedliche Prozesse, die sich bei Männern während der Schwangerschaft abspielen.

Einerseits passen sie sich den veränderten Gewohnheiten ihrer Partnerin an. Sie essen vielleicht mehr und verbringen ihren Feierabend häufiger auf der Couch anstatt beim Sport. Darüber erklärt sich beispielsweise die Gewichtszunahme, von der werdende Väter häufig berichten. Andererseits „hilft“ das Couvade-Syndrom Männern damit, sich in der Zeit des Umbruchs zurechtzufinden und sich mit der bevorstehenden Vaterschaft auseinanderzusetzen. Veränderungen während und nach der Schwangerschaft z.B. im Alltagsleben, in der Paarbeziehung betreffen schließlich nicht nur die werdende Mutter, sondern auch den werdenden Vater.

Tipp: Hilfreich ist auch immer, wenn beide Elternteile vor der Geburt einen Kurs für werdende Eltern machen. Der Verein Papainfo bietet beispielsweise Online-Workshops speziell für werdende Papas an: um sich bereits vor der Geburt mit dem Thema aus Papasicht zu informieren.

Unterstützung der Partnerin

Durch die Geburt des eigenen Kindes kommen Männer wie Frauen in einen neuen Lebensabschnitt. Es wird sich viel verändern und beide sind gefordert, Verantwortung aktiv zu übernehmen. Es braucht mehr, als nur die Partnerin im Haushalt zu unterstützen. Es kann auch die Zeit sein, um Aufgabenbereiche neu zu verteilen und sich über die Zeit nach der Schwangerschaft erste Gedanken zu machen: wie organisieren wir den Alltag, wer geht einkaufen, wer putzt, wäscht, kocht, meldet das Kind im Kindergarten an etc. Es kommt viel auf die Eltern zu und es gelingt besser und einfacher, wenn die Paare miteinander im Austausch bleiben und sich der Aufgaben bewusst werden.

Es sind kleinere, gelegentlich auch größere, Gesten und Zeichen, die Männer setzen können, um ihren Frauen zu signalisieren „Ich bin für dich da – du kannst dich auf mich verlassen“. Genau das ist es, was Schwangere auch am meisten schätzen. In der aufregenden Zeit der Schwangerschaft ist ein verständnisvoller Partner oft der wichtigste Anker, sowohl emotional als auch im täglichen Leben. Diese Form der Anteilnahme hat jedoch nicht nur positive Auswirkungen auf die Frau, sondern auch auf den werdenden Vater. Es hilft ihm dabei, sich mit der neuen Rolle zu identifizieren und seine Beziehung zur Partnerin neu erleben.

In gewisser Art und Weise ist die Schwangerschaft eine wichtige Vorbereitung für das Leben als kleine Familie. Dann gilt es, die gemeinsame Verantwortung zu tragen, den Alltag zu bewältigen und dennoch genügend Zeit als Liebespaar zu verbringen. Das erfordert Team-Work. Insbesondere Männer, die bislang stark von ihrer Partnerin umsorgt worden sind, kämpfen manchmal damit, dass sie sich von nun an mehr einbringen und dafür ihre Komfortzone verlassen müssen. Wer möchte, kann dies also während der Schwangerschaft gleich ein wenig „üben“, indem er die Partnerin bewusst mehr unterstützt und sich aktiv erkundigt, wie er ihr am besten zur Seite stehen kann.

Der Übergang zur Vaterschaft

Oftmals heißt es, dass eine Frau bei der Geburt ihres Kindes zur Mutter wird. Ähnliches gilt auch für Männer, die sich während der Schwangerschaft ebenso auf ihre neue Rolle als Familienvater vorbereiten müssen. In den Köpfen der werdenden Väter dreht sich vieles um das Thema Verantwortung. Je nach Arbeitsaufteilung sind sie vermutlich auf gewisse Zeit als Alleinverdiener für das Haushaltseinkommen sorgen. Häufig fällt die Phase der Familiengründung mit Phasen zusammen, die für werdende Eltern beruflich fordernd sind, da sie ihren Wert als Arbeitskraft unter Beweis stellen oder einen weiteren Schritt auf der Karriereleiter gehen möchten. Diese Zeit wird auch als „Rush Hour des Lebens“ genannt.

Gleichzeitig besteht ab dem Zeitpunkt der Schwangerschaft eine größere emotionale Verantwortung der Partnerin gegenüber. Wie immer die Beziehung sich künftig entwickelt, das gemeinsame Kind wird immer eine Verbindung zwischen Mann und Frau darstellen, auch wenn es auf einer Beziehungsebene nicht (mehr) funktionieren sollte. Umso wichtiger ist eine faire Aufteilung der Familienaufgaben und eine offene Kommunikation über Wünsche und Bedürfnisse.

Experten-Tipp von Dieter Breitwieser-Ebster, Verein Papainfo: Eine für beide Partner faire Aufteilung von Haushalt und Erwerbsarbeit ist für die Familie und Partnerschaft enorm wichtig - vor und nach der Geburt. Hilfreich ist, wenn klare Verantwortungsbereiche vergeben werden. Nicht nur unterstützen und helfen, sondern selber aktiv sein, Überblick behalten und Verantwortung für das gemeinsame Leben übernehmen.

Rollenbilder und Identität

Häufig beginnen werdende Väter auch damit, männliche Rollenbilder und gegebenenfalls die Rolle des eigenen Vaters zu hinterfragen: möchte ich ein aktiver Vater sein? Welche Aspekte hat mein Vater in mein Leben gebracht? Was behalte ich davon bei, was lege ich ab? Hat mir in meiner eigenen Kindheit etwas gefehlt? Was wünsche ich mir für mein Kind? Welche Werte möchte ich ihm vermitteln?

Der Übergang zur Vaterschaft ist ein Prozess der Identitätsbildung und (Neu)-Orientierung. Somit wird die Schwangerschaft der Partnerin beziehungsweise die ersten Wochen mit dem Neugeborenen auch zur sensiblen Zeit für Väter. Expert*innen empfehlen betroffenen Männern, das offene Gespräch mit der werdenden Mutter, Freund*innen, oder Kolleg*innenzu suchen. Auch der nicht schwangere Elternteil darf Sorgen oder Ängste haben und diese kommunizieren. Manchmal hilft auch der Austausch mit der betreuenden Hebamme, die sich genauso als Ansprechpartnerin für den werdenden Vater sieht. Männer profitieren außerdem von der Teilnahme an einem Geburtsvorbereitungskurs. Diese gibt es entweder für Paare oder auch nur für werdende Papas. Dort erhalten sie wichtige Informationen zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Sie lernen andere Männer kennen, die sich in der gleichen Situation befinden und erfahren dadurch, dass sie mit ihren Gedanken und Zweifeln nicht alleine sind.

Tipp: Der werdende Papa kann an sich selbst einen Brief schreiben. Aus Sicht seines 10-jährigen Kindes. Was mag es an mir, was vielleicht nicht, was fehlt, was finde ich toll. Somit kann man eine Idee bekommen, wie man als Vater mal gesehen werden möchte.

Expert*innen-Überprüfung durch

Mag.(FH) Dieter Breitwieser-Ebster

Dieter ist verheiratet und Vater von zwei Kindern sowie Sozialarbeiter und Kleinkindpädagoge. Seit 2016 leitet er Kurse für werdende Väter und Eltern. Lebt und arbeitet in Wien. Mehr auf papainfo.at.

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